Situation in Rumänien


„Wegsehen ist einfach, Hinsehen schwer zu ertragen. Aber wegsehen und sagen: „Ich kann das nicht sehen“ und weiterzumachen wie bisher, ist verwerflich und ignorant.“

Wir können nicht wegsehen und möchten vielen Menschen die Augen öffnen.


Die Situation der Straßenhunde in Rumänien ist ein seit langem bekanntes und kontrovers diskutiertes Thema. Die genaue Anzahl der Straßenhunde in Rumänien ist schwer zu bestimmen, da es keine offiziellen Statistiken gibt. Es wird geschätzt, dass es in Rumänien mehr als 3,5* Millionen Straßenhunde gibt, die in schlechtem Zustand leben und täglich um ihr Überleben kämpfen. Viele von ihnen verhungern, sterben an Krankheiten, im Straßenverkehr, werden misshandelt oder getötet.

Es gibt nur wenige Tierheime und Auffangstationen, die sich um die Tiere kümmern und sie versorgen. Die Zustände in öffentlichen Tierheimen sind oft katastrophal und nicht ansatzweise vergleichbar mit einem deutschen Tierheim. Viele Hunde werden ihrem Schicksal auf der Straße überlassen. Einige Gemeinden versuchen das Problem der Überpopulation durch gezieltes Fangen und Töten der Hunde zu lösen. Oftmals sind die Fang-, sowie Tötungsvorgänge grausam, wer hier an ein friedliches Einschlafen glaubt, liegt völlig falsch.

Ein weiterer Faktor, der zur Situation der Straßenhunde in Rumänien beiträgt, ist die mangelnde Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema. Viele Menschen behandeln Straßenhunde als eine Art Plage und betrachten sie als unerwünschte und gefährliche Tiere. Diese Einstellung führt dazu, dass die Hunde oft misshandelt, vergiftet oder getötet werden.

*Quelle: Save the Dogs (2015). Stray Dogs Management in Romania.

Warum gibt es so viele Straßenhunde in Rumänien?

Historisch gesehen gibt es mehrere Gründe für das Vorhandensein von Straßenhunden in Rumänien.
​Einer der Hauptgründe ist die Urbanisierung und Industrialisierung des Landes im 20. Jahrhundert. Viele Menschen verließen ihre ländlichen Gemeinden und zogen in die Städte, um Arbeit zu finden und ein besseres Leben zu führen. Dabei ließen sie ihre Hunde zurück, die sich in der Folgezeit auf der Straße durchschlagen mussten.

Ein weiterer historischer Faktor ist der Niedergang des kommunistischen Regimes in Rumänien in den späten 1980er Jahren. Nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu im Jahr 1989 waren viele Menschen arbeitslos und hatten Schwierigkeiten, für ihre Familien zu sorgen. Infolgedessen wurden viele Hunde ausgesetzt, da die Menschen nicht in der Lage waren, sie zu ernähren oder medizinisch zu versorgen.

Ebenfalls haben Schäferhunde eine lange Tradition in Rumänien. Schäferhunde wurden seit Jahrhunderten zur Bewachung von Herden eingesetzt und galten lange Zeit als Statussymbol. Als sich jedoch die wirtschaftliche Lage des Landes verschlechterte, waren viele Menschen nicht mehr in der Lage, sich um ihre Schäferhunde zu kümmern, und ließen sie auf der Straße zurück.

Warum werden die Straßenhunde in Rumänien nicht weniger?

Weil leider auch heute noch viele Menschen ihre ungewollten Hunde entsorgen. In unseren Augen einer der Hauptgründe.
Viele Hofhunde leben relativ frei und unkastriert (wie Bauernhofkatzen in Deutschland), weswegen es zu permanent „ungewollten“ Nachwuchs kommt, welcher getötet oder oftmals ausgesetzt wird. Im Vergleich zu den „echten“ Straßenhunden, finden Hündinnen mit einem Besitzer ausreichend Futter, um ihren Nachwuchs durchzubekommen. Sie produzieren die Straßenhunde von morgen.

Die unzureichende Bildung vieler Menschen spielt hier eine große Rolle. Wir erleben insb. auf den Dörfern oft, dass Hündinnen als problematisch angesehen werden, weil sie Welpen bekommen können.
In Rumänien gibt es immer noch Bildungslücken in Bezug auf die Kastration von Hunden. Viele Menschen in ländlichen Gemeinden haben nicht das Wissen oder die Ressourcen, um ihre Hunde kastrieren zu lassen. In einigen Fällen gibt es auch kulturelle oder religiöse Gründe, warum Menschen die Kastration ihrer Hunde ablehnen. Auch Vorbehalte gegenüber Tierärzten und medizinischen Eingriffen spielen teils eine Rolle. In einigen ländlichen Gebieten gibt es auch keine tierärztliche Versorgung in der Nähe, was die Kastration von Hunden erschwert.

Hunde werden in Rumänien oftmals nicht als Haustiere oder gar Familienmitglied angesehen! Sie werden gehalten, um eine Funktion zu erfüllen: die Bewachung von Grundstücken und Viehherden. Wenn sich die Lebensumstände ändern oder der Hund diese Funktion nicht mehr erfüllt, bspw. weil er zu alt ist, werden die Tiere oft ausgesetzt.

Was man allerdings auch erwähnen muss: viele Menschen in Rumänien leben in großer Armut und kämpfen selbst ums Überleben. Sie haben oftmals keine Möglichkeit, sich um ihre Hunde zu kümmern. Die Tiere leben von Abfällen, medizinische Versorgung kann nicht gewährleistet werden, selbst wenn die Besitzer es wollten.

Ein weiterer Faktor ist der Mangel an Aufklärung und Verständnis für die Bedürfnisse von Haustieren in der Bevölkerung. Hundeerziehung findet hier, kaum statt, auch aus Unwissenheit oder anderen Ansichtsweisen. Während wir in Deutschland gerne möchten, dass die Hunde nicht bellen, ist dieses Verhalten in Rumänien erwünscht. Der Hund soll schließlich das Grundstück schützen. Wir haben es selbst schon erlebt, dass Menschen aus Angst, dass ihr Hund nach einer Kastration nicht mehr energisch genug das Grundstück bewacht oder nicht mehr bellt, diesen nicht zur Kastration gebracht haben.

Warum dürfen Hunde in Rumänien getötet werden?

In Rumänien gibt es eine umstrittene Gesetzgebung, die es erlaubt, streunende Hunde einzufangen und unter bestimmten Umständen zu töten. Das Gesetz wurde im Jahr 2013 eingeführt, nachdem es in Bukarest zu einer Reihe von Angriffen durch vermeintliche Straßenhunde gekommen war, bei denen ein Kind getötet wurde.

Die Gesetzgebung sieht vor, dass die lokale Behörde für die Kontrolle der Streunerhunde und die Durchführung von Maßnahmen zur Kontrolle der Population verantwortlich ist. Die Entscheidung darüber, ob ein Hund getötet werden soll, obliegt der örtlichen Behörde.
Leider entscheiden sich viele Gemeinden für das Töten der Hunde. Es scheint eine schnelle Lösung zu sein. Ist es aber nicht! Denn die (Besitzer-) Hunde produzieren weiter unaufhörlich Nachwuchs, welcher immer wieder auf der Straße landen wird. Es ist ein Teufelskreislauf, der viel unnötiges Leid erzeugt.

Die Tötungsstationen in Rumänien sind oft berüchtigt für ihre grausamen und unhygienischen Bedingungen. Viele Tierschützer haben Missstände in diesen Einrichtungen dokumentiert, wie überfüllte Käfige, mangelnde medizinische Versorgung und Fütterung sowie unnötige Gewalt gegenüber den Tieren. Auch die Tötungen an sich sind oft bestialisch. Es gibt Berichte, dass Hunde totgeschlagen, lebendig verbrannt, durch das Spritzen von Frostschutzmitteln und anderen grausamen Methoden getötet werden.